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Das „vernäht und zugeflixt“ – Archiv

Newsletter vom 05.06.2021

Die Nacht durfte ich allein im Zimmer verbringen: keine laute Zimmernachbarin mehr, keine nächtliche Blutdruckkontrollen und keine plötzlich hell erleuchtetes Zimmer mehr, weil der Nachtdienst nicht mehr mitten in der Nacht den Lichtschalter drücken muss, um nach der schmerzerfüllten Patientin zu sehen. Trotz dem ich allein war – Durchschlafen hat leider trotzdem nicht geklappt, doch ich bin wegen mir selbst bzw. wegen meinen Monstern im Kopf aufgewacht und nicht durch Hochschrecken/ Erschrecken aufgrund von den vorher beschriebenen äußeren Einflüssen. So es ausschaut bekomme ich heute eine neue Chance, denn ich hab weiterhin ein Einzelzimmer.

Der Wochenendmodus im Krankenhaus ist deutlich spürbar. Die lustige Weißkittel-Karawane der Herzchirurgie machte einen großen Bogen um mein Zimmer und ich bekam nur kurz Besuch von einem Plastiker Duo. Der Op-Termin steht für Dienstag auf dem Programm und die genaue Op-Aufklärung findet voraussichtlich am Tag vorher statt. Mehr Informationen tauschten wir heute nicht aus und der Arzt verabschiedete sich bis morgen.

Ich bin hier auf der Station eine unkomplizierte Patientin, die sehr selbstständig ist und sind meistens die Azubis und studentischen Hilfskräfte für mich zugeteilt.

Frisch umgezogen und mit Müsli gestärkt zog es mich an die frische Luft. Und siehe da: ich hatte den Balkon ganz für mich allein. Ein paar Minuten Sauerstoffatome einatmen ohne von den Motzern gestört zu werden. Herrlich, sag ich dir!

Als weiteres Highlight ergab sich ein kurzes Gespräch mit meinem Mütterleinchen vom Balkon aus zur Straße . Wir hatten Sichtkontakt und konnten uns einige Sätze zurufen, so richtig live und in Farbe. Die Wäschepakete durften leider nur über die Pforte und nicht persönlich ausgetauscht werden, aber ein Vögelchen hat gezwischert, dass höchstwahrscheinlich ab Montag die Besuchsregelungen etwas gelockert werden. Schön wär´s ja schon.

Sonst ist heute nicht viel passiert: ich habe gelesen und im Fernsehen die „Berlin Finals“ (Deutsche Meisterschaften in vielen verscheidenen Disziplinen z.B. Triathlon , Trail-Fahren, Speedklettern und Kanupolo) geguckt. Lesen, Rätsel kreiern und Newsletter gehören auch zu meinen täglichen Ablenkungsstrategien, um meine Monster im Kopf im Griff zu behalten, die Leerlaufphasen für den Kopf gerne ausnützen, um Chaos zu produzieren.

ch freu mich sehr, dass die Updates aus dem Krankenzimmer so gut ankommen und die Rückmeldungen zeigen mir, dass ich nicht die einzige bin, die diese Motzerei und vermeidbare nächtliche Störungen der anderen Patienten so auf die Nerven geht. Solche Rückmeldungen tun mir gut, denn sie zeigen mir, dass ich mit diesen Problemen nicht allein bin. Danke!

Ich versuche momentan zu den Menschen extra freundlich zu sein, die von den Mitpatienten abwertend behandelt werden. Sei es der nette Putzmann, der nur ein paar Brocken deutsch s pricht, mir aber dafür auch meine Wasserflasche auffüllt. Oder sei es die Stationshilfe, die mir mit einem freundlichen Augenzwinkern das heiße Wasser nachmittags auf den Nachtisch stellt ohne das ich sie darum gebeten habe. Ich finde hier machen alle einen guten Job und ohne jeden einzelnen, würde das große System Uniklinik nicht funktionieren. Ein „Bitte und Danke“ sollte doch eigentlich jedem leicht über die Lippen kommen, oder. Zwei Worte die, die Stimmung auf der Station wenigstens etwas aufhellen könnten.

So und nun hoffe, dass ich heute nochmal das Zimmer für mich alleine habe. Bis jetzt ist der Platz neben mir weiterhin leer und wenn das so bleibt, besteht eine sehr gute Chance auf eine ruhige und entspannte Nacht.


kommt Zeit, kommt Naht
Sonja und die Monster im Kopf

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