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Das „vernäht und zugeflixt“ – Archiv

Newsletter vom 09.06.2021

Geschafft! Die neue Haut ist drauf!

So langsam funktioniert mein Gehirn wieder und ich kann endlich das Update in die Tasten tippen .

Die Nervosität und auch meine Monster im Kopf machten es gestern nötig – in Absprache mit dem Arzt – meine Notfallmedikamente zur Beruhigung zu nehmen, um wenigsten ein bisschen den Gedankenflipper für die Nacht zu stoppen. Das Zeug wirkte wie erwartet bis zu nächsten Tag und so nahm ich alles ein bisschen gedämpfter und weiter weg nach. Manchmal liebe ich meinen „Promethazin-Nebel.

Gegen 10:30 Uhr war es dann soweit: nach zahlreichen nervösen Klogerenne meinerseits, kam endlich ein Krankenpfleger, der mir die OP-Kleidung brachte und mir mitteilte, dass ich in ein paar Minuten dran bin. Also zog ich mir das hübsche Krankenhausnachthemd über , nochmal die nervöse Blase leeren und zurück ins Bett. Stopp!! Frau Weinert, Sie bekommen noch ein frisches Bett!. Also wieder raus – und da stand ich nun mit dem hinten offenen Hemd und wartete bis das Bett komplett frisch bezogen war.

Aber dann gingˋs wirklich los Richtung OP – quer durch die Notaufnahme, wo schon viele Patienten auf ihre Behandlung warteten, zum Operationssaal für die ambulanten Operationen. Dort stand ich erstmal auf dem Flur und viele beschäftigte Menschen huschten hin und her. Diesmal durfte ich meine Brille auflassen und so fühlte ich mich schon etwas sicherer, weil ich erkennen konnte wer oder was an mir vorbei kam. Meine Monster witterten überall Gefahr und so konnte ich wenigsten schneller erkennen, ob sie recht hatten oder nicht.

Nach einer gefühlten Ewigkeit durfte ich die letzten 5 Schritte zu Fuß in den Op-Saal gehen und die Spiele konnten beginnen. Von der Operationsstelle selbst habe ich nichts gesehen, da vor meinen Augen Tücher hingen und auch der Promethazin-Nebel mich abschirmte. Eine Wohlfühlathmosphäre war es nicht wirklich, obwohl die Ärzte mich nach meiner Lieblingsmusik fragten. Doch mir war alles egal, ich wollte nur das es schnell vorbei ist und ich keine Schmerzen aushalten muss. Die behandlenden Ärzte versuchten mir zwar die Angst zu nehmen, in dem sie ankündigten, was als nächstes passiert, aber meine Ohren waren nicht mehr aufnahmefähig. In meinem Kopf hörte ich nur mich selbst: nicht bewegen! Bloß nicht bewegen. … nicht dass ich was kaputt mache oder der Chirurg daneben schneidet.

Zuerst wurde das Op -Gebiet abgeklebt und mit Tüchern verhüllt. Ebenso musste Vera mit samt allen Folien und Schläuchen entfernt (autsch!) werden. Der Arzt betäubte anschließend meinen Unterschenkel rund um die Wunde, säuberte die Wunde nochmal gründlich und dann kam zur Desinfektion dieses orange Zeug aufs gesamte(!) Bein drauf, dass danach immer so schlecht abgeht. Die Wunde wurde nochmal ausgemessen und dann markierte der Chirurg die Größe der Spenderstelle auf meinem Oberschenkel. Auch dese Stelle bekam auch eine volle Ladung Lokalantästhesie mit der Spritze ab wie vorher die Empfängerstelle am Unterschenkel. Dann nochmal Desinfektion, Abdecktücher zurecht gerückt und teilweise nochmal abgezogen und neu geklebt (autsch), nochmal Desinfektion und danach kam das ultimative Dermatom zum Einsatz. Kann man sich vorstellen wie eine elektrische Schälmaschine, die die obersten Hautschichten (Spalthaut) von meinem Oberschenkel abschneidet.

n dieses Stück Haut schnitt der Arzt mit einer kleinen Maschine noch ein paar Löcher rein, die das Stück Haut leicht vergrößerten und auch später für den besseren Abfluss von Wundsekret sorgen sollen. Auf der Empfängerstelle nähten die beiden Chirurgen das Transplantat mit ein paar Nähten fest und dann kam Vera wieder zum Einsatz – aber in etwas abgespeckter Form. Sie muss nicht mehr spülen, sondern nur noch für ein leichtes Vakuum sorgen, dass das Transplantat an Ort und Stelle halten soll.

Wenn es dich interessiert kannst du gerne mal dieses Video angucken, in dem gezeigt wird wie so ein Dermatom funktioniert. So ähnlich lief bei mir die Operation auch ab.

Die Wunde am Oberschenkel (Spenderareal) erhielt einen Verband aus durchsichtiger Folie. Eine neues Produkt zu dem in der Uniklinik Erlangen gerade geforscht wird. Ich bin jetzt also ein Proband, der täglich protokoliert wie stark die Schmerzen an der Spenderstelle sind. Bis jetzt konnte ich nur „0 Schmerzen“ eintragen, was anscheinend auch das Ziel dieser neuen Wundversorgung ist. Echt cool, meine neue Bettnachbarin kann gar nicht glauben, dass ich bei dem „blutigen Schlachtfeld“ keine Schmerzen verspüre

Um den Bazillen von anfang an keine Chance zum Vermehren in den offenen Wunden zu gewähren, bekomme ich seit gestern 3x töglich ne Infusion mit Antibiotika. Dazu musste mir gestern wieder ein Zugang in die Handvene gelegt werden — und unter uns gesagt, tut mir die Nadel mehr weh, als die beiden Operationsgebiete. Komisch.

uch hatte ich gestern so ne Art Phantomschmerzen an beiden Fußgelenken. Der Arzt konnte nichts Auffälliges entdecken und auch sobald ich ein Stück gelaufen bin oder die Stellen angefasst habe, verschwand der Schmerz, um dann im Liegen wieder zuzuschlagen. Wahrscheinlich hat mich jetzt der Klinikkoller erwischt. Dazu passt auch, dass ich nach dem wirklich alles vorbei war, geheulte habe und gar nicht wusste warum. Vielleicht wirklich der Klinikkoller, nach 14 Tage Krankenhaus.

n der Nacht schlief ich so fest, dass ich nicht mal mehr mitbekam, dass der Nachtdienst meine Antibiotika – Infusion wechselte, genauso wenig wie meiner neuen Zimmerkollegin nachts das Trinkglas in 1000 Scherben auf dem Boden zerbrach. ich war ganz erstaunt, als sie mir das heute Morgen erzählte und wenn ich nicht noch einige Scherbenreste gesehen hätte, hätte ich es fast nicht geglaubt.

Wenn alles weiter nach Plan läuft, darf ich am Sonntag das Krankenhaus verlassen und mit meinem Mütterleinchen Geburtstag feiern. Also bitte weiterhin alle Daumen und Zehen drücken.


kommt Zeit, kommt Naht
Sonja und die Monster im Kopf

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