(M)Ein Blick hinter Hochglanzprospekte, Mogelpackungen, Instagramfilter & Co
Lügen – Täuschen und Wegschauen:
Gefühlt gibt es für mich jeden Tag eine Meldung in den Medien, in der ein Betrug aufgedeckt, hinter einer perfekten Fassade ein Verbrecher entarnt oder eine Familientragödie bekannt wird.
Die schöne heile Welt, die plötzlich Risse bekommt. Wirklich plötzlich? Oder verschließt nur eine große Anzahl unserer Gesellschaftt die Augen vor Dingen, die nicht in ihre Glitzerwelt passen?
Mogelpackungen der Lebensmittelindustrie
Seit ich denken kann, wird in den Verbrauchermagazinen im Fernsehen über Verpackungen und ihre Möglichkeit Käufer zu täuschen aufgeklärt. Irgendwie haben wir uns schon dran gewöhnt, dass jedes Waschmittel weißer wäscht als seine Konkurrenz, Verpackungen mehr Luft enthalten als leckere Kekse oder auf der Jogurtverpackung frische Erdbeeren abgebildet sind und auf der Zutatenliste komischerweise keine mehr auftauchen.
Doch anscheinend reichen diese Betrügereien nicht mehr, um den Kunden das Geld aus der Tasche zu ziehen (vielleicht weil sich der Kunde informiert und auf diese Tricks nicht mehr reinfällt?). Die neuen fiesen Maschen beeinträchtgen mittlerweile die Gesundheit der Verbraucher, denn Manipulationen an sogenannten Lebensmitteln werden bewusst verschwiegen, Grauzonen weitläufig ausgelegt oder Gutachten gefälscht.
Das ist nur ein kleiner Ausschnitt der Lebensmittelskandale der letzten Zeit. Wer mehr darüber wissen will, kann mal Peta anklicken. Die haben eine Liste über die letzten Jahre erstellt.
Die Glitzerwelt in Social Media
Doch auch in den den sogenannten Sozialen Medien wird gelogen, betrogen und die Wahrheit als alternative Fakten neu ausgelegt. Anscheinend ist das für viele inzwischen einfach Normalität.
Gerade auf Instagram fällt mir auf, dass für das angeblich perfekte Foto so einiges manipuliert wird. Ok, Instragram war mal eine Plattform, um schöne Bilder zu präsentieren und dafür Anerkennung zu bekommen – soweit ja nicht schlimm und Schönheit ist ja eine persönliche Definitionssache. Doch inzwischen geht es dort nur noch um Follower und Likes wer die meisten davon hat, gehört zu den Gewinnern und die anderen werden kaum beachtet bzw. fühlen sich schlecht und als Verlierer.
Tja und einige dieser User möchten aber unbedingt auf die Gewinnerseite und das möglichst ohne Anstrengung. Doch gute Bilder sind nicht mal so nebenbei mit dem Smartphone geknipst und durch die Fotografen in meiner Familie weiß ich, wieviel Arbeit in einem(!) ausdrucksstarken und authentischen Bild stecken kann. Auch künstlerische Fotos, die sich von der reellen Welt absichtlich und erkennbar abgrenzen sollen, benötigen einiges an Knowhow und Zeit, bis sie so aussehen. Doch auf Instagram verschwimmen diese Grenzen zwischen Authenzität und künstlerischer Freiheit. Menschen benutzen Filter und/ oder Bearbeitungsprogramme um ihre Fotos zu „verschönern“, weil sie sich nicht mehr trauen, so zu sein, wie sie in Wirklichkeit sind…traurig, aber wahr 🙁
Natürlich darf man das auch künstlerische Freiheit nennen und jeder darf posten was er gerne möchte – gefährlich wird´s meiner Ansicht dann, wenn der Betrachter absichtlich getäuscht werden soll. Instagram ist nämlich inzwischen eine Werbeplattform geworden, d.h. einige Accounts wollen Produkte verkaufen, die sie entweder selbst produzieren oder als Influencer von Firmen benutzt werden, deren Produkte an den Mann bzw. Frau zu bringen.
Und zu diesen Produkten gehören inzwischen nicht mehr nur Kosmetik, Nahrungsergänzungsmittel oder Klamotten, sonderen auch Dienstleistungen im Bereich der Psychologie & persönliches Coaching. Und gerade selbsternannte Coaches, mit vielen Likes und Followern (die vielleicht auch gekauft wurden) schrecken nicht davor zurück, ihre Kunden zu verunsichern.
Da werden z. B. Kurse angeboten, die das Selbstbewusstsein steigern sollen oder ein Trauma heilen können – natürlich nur wenn du dich genug anstrengst und alle Regeln des selbsternannten Gurus befolgst. Wenn es nicht hilft, bist du selbst schuld, denn dann hast du es wahrscheinlich nicht genug gewollt oder etwas falsch gemacht.
Auf die Idee, das Angebot zu hinterfragen und es als nicht passend für sich selbst enttarnen, kommen psychisch gesunde Menschen vielleicht noch, aber Menschen, die sowieso schon psychisch angeschlagen sind oder deren Psyche bereits vorher massiv verletzt worden ist, kann so eine Aussage „der Fehler liegt bei dir “ noch tiefer in die Spirale von Depression, Selbstwertverlust und Selbsthass ziehen – bis hin zum Suizid.
Es gibt aber auch User auf Instagram, die mit ihrem Account eine Gegenbewegung zu den Glitzeraccounts mit ihren rosa Filter gestartet haben und z.B. über psychische Erkrankungen aufklären oder über die wenigen schönen Seiten des Lebens erzählen. Diesen Accounts folgen dann leider nur wenig Follower oder nur die, die ebenfalls nicht zu den Glitzer- und Gute-Laune-Nutzern gehören.
Auf Instagram tummeln sich aber auch Menschen (oder Bots?), die sich von den nicht glitzernden Usern gestört fühlen und anfangen zu pöbeln: „Sowas wie dich will doch keiner haben“ oder „lach‘ doch mal“ oder „denk‘ mal positiv“ oder „geh‘ sterben„
…. ihr könnt euch sicher ausmalen was diese Sprüche mit Menschen machen, die nicht so stabil sind oder sich Verständnis von anderen Betroffenen erhoffen.
Klar, kann man jetzt sagen, dass instabile Menschen auf diesen Plattformen nichts zu suchen haben und sie dort schon gar keine Hilfe für ihre Probleme erwarten können. Doch sie sind nun mal da und oft nicht grundlos: manche trauen sich vielleicht in der Anonymität über ihre Erkrankungen zu sprechen, weil sie sich im Reallife für ihre Probleme schämen oder ausgegrenzt werden. Oder sie wurden, wie ich, vom öffentlichen Hilfesystem in der echten Welt als hoffnungsloser Fall abgestempelt und sich selbst überlassen. Viele Menschen geben dann aber nicht auf, sondern versuchen sich bei anderen Betroffenen über Hilfsmöglichkeiten zu informieren …leider landen sie dann manchmal bei Fakeaccounts oder bei Menschen (oder Bots?), die ihre Verzweiflung ausnützen.
Täuschungen im Hilfesystem
Auch ich bin auf solche Dienstleistungsangebote reingefallen – doch nicht auf den Sozialen Medien oder sonstigen Internetangeboten, sondern im sogenannten Reallife des deutschen Hilfesystems. Also dort, wo ich es am wenigsten erwartete, denn auch außerhalb von Social Media locken Hochglanzprospekte verzweifelte Menschen an, die den Versprechungen auf den Flyern glauben und sich Hilfe erhoffen.
Ich musste die Erfahrungen machen, dass hinter den Versprechungen, Hochglanzsprospekten und Internetauftritten der Krankenkasse, Rentenversicherung und Arbeitsagentur nicht die mir versprochene Hilfe ansich im Vordergrund steht, sondern wie fast überall, ich als Mensch nur als Kostenfaktor gesehen wurde. Die angebotene sogenannte Hilfe schadete mir massiv* und mir wurde dafür auch noch die Schuld gegeben. Ich habe mich nicht genug angestrengt, ich bin zu kompliziert und mein gesetzlicher Anspruch auf Unterstützung wurde bereits erfüllt. Irgendwann muss es ja mal gut sein!
Zack! – ich bin falsch!
Der Fehler liegt bei mir
*wie daraus (m)ein „Behördentrauma“ entstanden ist,
werde ich mal in einem eigenen Blogbeitrag beschreiben
Auch vorhandene Berufsbezeichnungen, Doktortitel, Zertifikate und Diplome der Anbieter schützen Hilfesuchende nicht vor möglichen Schäden, die durch diese schwarzen Schafe im Hilfesystem entstehen.
Meine ehemalige Therapeutin hatte die vorgeschriebene Ausbildung als psychologische Psychotherapeutin (gesetzlich geschützte Berufsbezeichnung) und war auch Mitglied der zuständigen Psychotherapeutenkammer und in diversen Fachverbänden. Leider stellt sich immer mehr heraus, dass sie in den 12 Jahren meiner Behandlung Fehler gemacht hat. Fehler, die vermeidbar gewesen wären, wenn sie sich an die Berufsordnung für Psychotherapie gehalten hätte.
Inzwischen hatte ich 2 Gespräche mit der Traumatherapeutin, in denen mir immer mehr klar wird, dass die letzten Jahre „Psychotherapie“ mir mehr geschadet als geholfen haben:
Viele meiner für mich wichtigen Themen blockte die ehmalige Therapeutin mit „Sie erzählen mir immer das Gleiche“ ab oder verbot mir, mich über meine Diagnosen im Internet oder in Fachbüchern zu informieren, da sie mich nur noch mehr verwirren würden. Ich glaubte ihr, genauso wie sie meine Fragen nach ihrer „Therapiestrategie“ mit „Ich weiß schon was ich tue“ abschmetterte. Am meisten Probleme bereitete mir das auferlegte Schweigegebot gegenüber Dritten zu Inhalten in der Therapie „was in der Therapie besprochen wird, geht nur uns beide an“ und sie begründete das mit einer unerwünschten Beeinflussung des Therapieprozesses. Ich glaubte ihr und blieb mit aufkommenden Fragen bis zur nächsten Therapiestunde allein, die schon mal 3 – 4 Wochen später sein konnte. Das es mir in dieser Zeit trotz Therapie immer schlechter ging, ignorierte sie – auch nötige Klinikaufenthalte von mehreren Wochen kamen erst durch das Drängen meiner aufmerksamen Mitmenschen zustande, die meinen schlechten Zustand bemerkten.
Die Impulse und Ideen für die ambulante Weiterhandlung, die ich nach den Klinikaufenthalten an meine Therapeutin herantrug, griff sie nicht auf, sondern erklärte mir, dass sie dies im ambulanten Bereich ohne den Schutz der Klinik nicht für durchführbar hielt. Ich glaubte ihr wieder, schließlich kannte sie mich und meine Geschichte ja schon jahrelang und die stationären Therapien dauerten „nur“ 19 bzw. 11 Wochen.
Heute frage ich mich, was mich die ganzen Jahre bei dieser Therapeutin hielt, ich sie sogar vor meinen besorgten Mitmenschen verteidigte und jede Kritik an ihr nicht wahrhaben wollte.
Traue deiner Wahrnehmung und deinem Bauchgefühl
Wie soll ich nach diesen Erfahrungen meiner Wahrnehmung vertrauen? Überall wo ich mich umschaue, wird versucht meine Wahrnehmung zu manipulieren, sei es in der Lebensmittelindustrie, in der Glitzerwelt von Social Media oder sogar vom Hilfesystem.
Mein Vertrauen ins Gute wurde zerstört und übriggeblieben ist ein massives Misstrauen in meine Umgebung und ein Gefühl, das die Welt ein gefährlicher Ort ist. Kein Wunder dass meine Monster im Kopf eine Security gegründet haben (siehe hier). Ich weiß, dass diese Monster-Security auch diese Menschen ausschließt, die mir wirklich helfen wollen und sie meine Ablehnung der angebotenen Hilfe vor den Kopf stößt. Sätze wie „du musst dir auch helfen lassen“ bekomme ich dann oft genervt oder entäuscht zu hören. Doch diese Aussagen setzen diese Security in den Alarmzustand.
Keine Ahnung, wie ich aus diesem Teufelskreis aussteigen soll….der Termin bei der Traumatherapeutin macht Hoffnung und gleichzeitig bin ich misstrauisch, ob nicht wieder hinter der momentan freundlichen und verständnisvollen Therapeutin ein Monster auftaucht…
Aber vielleicht nehme ich zum nächsten Termin einfach ein Tütchen Glitzer mit und die Welt ist wieder in Ordnung
Viele interessante Themen und Gedanken! Ich bin gespannt auf deinen Text zu deinen Erfahrungen mit Behörden/Hilfesystemen, da ist in der Tat der Wurm drin und ich ärgere mich auch immer wieder darüber.
Bis ich meine Erfahrungen mit den Behörden aufschreiben kann, wird es noch ein bisschen dauern. Noch veranstalten meine Monster im Kopf ein ziemliches Chaos, sobald ich dieses Thema angreife….🙄
Ein sehr guter Beitrag. Die Fehlentwicklungen in den „sozialen Medien“ sind sehr gut beobachtet und wiedergegeben. Ich befürchte, dass die Entwicklung ungebremst so weiter geht, weil sich jeder hinter seiner Anonymität verstecken kann und (noch) nicht damit rechnen muss, zur Verantwortung gezogen zu werden. Man kann sich als Nutzer der sozialen Medien nur schützen, wenn man alles hinterfragt und prüft. Das wird nicht immer gelingen, da das Ganze auch sehr zeitintensiv ist. Bleiben Zweifel hinter Meldungen, Beiträgen und Angeboten, sollte man zur eigenen Sicherheit die Finger davon lassen.
Erstmal vielen Dank für deine Rückmeldung…ich dachte schon, meine Gedanken sind zu verwirrend …
Leider sind es nicht „nur“ die sozialen Medien, sondern auch Institutionen in der sogenannten Hilfe-Industrie, die mit dem Leid von Menschen Geschäfte machen.
Oft muss die Unterstützung, die einem rechtlich zusteht, erst eingeklagt werden.
Viele Betroffene haben aber nicht die Kraft den oft monate – teilweise jahrelangen Klageweg zu bestreiten und geben auf.
Und schon wieder hat die Hilfeindustrie auf Kosten der Betroffenen Geld eingespart.
Und gerade bei diesen Institutionen ist eine Kontrolle durch Betroffene erschwert…man bemerkt zwar das dort einiges nicht stimmt, doch für Ausstehende, also außerhalb des Hilfesystems, selten nachvollziehbar.
Ich seh schon, ich „muss“ mal über sogenannte geschlossene Systeme und ihre Gefahren schreiben 😉
Da ich dich Sonja, ein wenig auf deinem Lebens „Leidens“ Weg begleiten darf ist mir durch das Lesen dieses Glitzerblogs immer mehr bewusst worden, mit wieviel Versprechungen, Hoffnungen und Erkenntnissen du dich ( wir uns) bis jetzt 9durchgequält hast. Wenn sich schon ein normaler (was ist normal?) nicht mit dem Dschungel der verlockenden Angebote mancher Institutionen, Coaches, Therapeuten auskennt, wie soll dies erst recht ein „pschisch“ angeschlagener Mensch unterscheiden??? Mir fällt da das Festhalten und Klammern an den letzten Strohhalm ein, sei es mit den ‚leeren“ Versprechungen eines Glitzerprospektes von Institutionen oder an Therapeuten, die nur das Beste für ihr Klientel möchten, aber nicht deren, Wünsche und Ziele berücksichtigen. Du ( ich auch) hattest mit jedem Glitzerteilchen die Hoffung, wieder ein vollwertiges der Arbeitswelt zur Verfügung stehendes und wertvolles Mitglied unserer Gesellschaft zu werden. Leider wurden DEINE Wünsche und Ziele durch „glitzernde“ Paragrafen und „glänzende“ Auflagen nicht ernst genommen, was m.E. zum vermehrten CHAOS in deinem Kopf führte.
Ich hoffe mit dir ganz fest, dass deine nächste Therapie Glitzern und Glanz für dich zulassen wird.
Hoffentlich habe ich jetzt keinen Kommentar schon für dein nächstes Blogthema geschrieben!!! Aber ein Mosaiksteinchen folgt auf das nächste Steinchen.
Danke für deine Ergänzung zu meinen Beitrag 🤗
Das was du geschrieben hast, konnte ich bisher nicht in Worte fassen, weil die Erinnerung dann in meinem Kopf plötzlich zur Gegenwart wird – und all die Gefühle von Hoffnung, Enttäuschung und vor allem die Ohnmacht gegenüber dem Hilfesystem wieder so real sind.
Danke, dass du mit mir diesen Weg bisher gegangen bist, auch wenn’s manchmal echt hart war und unsre Beziehung dadurch stark auf die Probe gestellt wurde. Ohne deine Hilfe und Hartnäckigkeit, hätte ich (mich) wohl schon längst aufgegeben. Daaaanke 🤗