Ich hatte einen MUTausbruch , also wirklich MUT – nicht WUT.
Wie ihr vielleicht wisst, beziehe ich seit einigen Jahren eine kleine Erwerbsminderungsrente. Nach zahlreichen Versuchen musste ich mir eingestehen, dass ich der heutigen Arbeitswelt mit ihren Anforderungen an Arbeitnehmer momentan nicht gewachsen bin und akzeptierte die Entscheidung der Rentenversicherung, mich auszusortieren.
Doch so langsam stabilisierte ich mich psychisch etwas mehr und so tauchte in der Therapie die Idee nach einer neuen Aufgabe/Herausforderung auf. Um zusätzlich zur geringen Rente etwas dazuverdienen zu können, kam eventuell ein kleiner Nebenjob, wie Zeitungen oder Prospekte austragen näher in Betracht. Auch die Versorgung eines Hundes könnte mich in der Therapie wieder ein großes Stück weiterbringen, meinte meine Therapeutin. Doch dagegen sprachen die hohen Kosten, die ein Tier leider verursacht: Steuern, Tierarztkosten, Futter usw. Denn allein mit den Anschaffungskosten ist es oft nicht getan und ich persönlich bin der Meinung, wenn ich für ein Tier Verantwortung übernehme, muss dies auch im Krankheitsfall leistbar sein.
Eine Idee entsteht
Eines Tages bekam ich Besuch von einer sehr hundeerfahrenen Freundin, die gerade auf dem Weg ins Tierheim war, um ein potentiell neues Familienmitglied näher kennenzulernen. Wir redeten bei diesem Kurzbesuch über die Kosten und die sonstigen Voraussetzungen, die so ein Hundehalter mit sich bringen sollte. Auch dieses Gespräch bestätigte mich, dass ich zwar Zeit und ein großes Herz für Hunde mitbringe, doch die anfallenden finanziellen Mittel meine Belastungsgrenze übersteigt. Wir diskutierten auch die Möglichkeit als Gassigeher oder Hundesitter, doch da blockierte mich noch die Angst vor fremden Menschen, mit denen ich Kontakt aufnehmen müsste bzw. eine Anzeige in Lokalblättchen kam nicht in Frage, da sich fremde Menschen bei mir telefonisch melden werden und telefonieren bedeutet für mich ebenfalls eine große Hürde, die sehr schwierig zu überwinden ist.
Als meine Freundin Richtung Tierheim weitergefahren ist, durchstöberte ich das Internet nach Hunden, die einen neuen Besitzer suchten. Zuerst nur um mir den Hund näher anzuschauen, den meine Freundin kennenlernen wollte, danach aber auch andere Suchmeldungen von anderen Fellnasen. Dabei bin ich über eine Organisation in meiner Heimatstadt gestoßen, die Pflegefamilien sucht, um Hunden bis zur endgültigen Vermittlung den Tierheimzwinger zu ersparen.
Gedanken sortieren im OFF
In meinem Kopf fing es an zu rattern – auch meine Monster im Kopf fingen an wild durcheinander zu reden. Das wäre die Lösung: ich könnte mich um einen Hund kümmern unabhängig von den Kosten! Doch du hast doch nur eine 1-Zimmerwohnung ohne Garten und somit überhaupt keinen Platz für einen Hund. Außerdem nehmen die dich sowieso nicht, weil du keine Erfahrung mit Hunden vorweisen kannst. Diese und noch mehr Stimmen ertönten in meinem Kopf. Ich musste mich deshalb dringend mit jemand über diese Möglichkeit austauschen, bevor meine Monster im Kopf die Kontrolle komplett übernahmen. Meine Mutter, der ich zuerst von der Anzeige vom Aufruf der Tierhilfe erzählte, war begeistert und wenn es nach ihr ging, hätte ich mich sofort für einen Pflegehund melden können. Sie würde mich auch bei Gassigängen oder Betreuung unterstützen. Das war schon mal gut zu wissen, doch meine Bedenken und Ängste blieben.
Jetzt konnte nur noch meine hundeerfahrene Freundin mit Familie helfen, die erstens mich und meine Monster im Kopf gut kannten und zweitens sich mit der Haltung und Pflege von Hunden schon sehr viel länger auseinandersetzten. Ich rief sie also an und startete daraufhin gleich am nächsten Morgen in Richtung Bayrischen Wald. Wer meinem Blog schon länger folgt, weiß dass Ausszeiten im OFF des Bayrischen Waldes mir schon oft geholfen haben, mich neu zu sortieren. (siehe hier: Leuchtiere und andere Energietankstellen)
Gleich bei der ersten Wanderung berichtete ich ihr von meiner entdeckten Internetanzeige der Tierhilfe und wie es der Zufall will, hat meine Freundin diesen Aufruf ebenfalls entdeckt und hat dabei auch gleich an mich gedacht. Ein Zeichen?
Die Tage im „Woid“ verbrachte ich also damit zahlreiche Fragen über Hundehaltung zu stellen, Tipps und Trick im Umgang mit Hunden zu sammeln und Geschichten über Erlebnissen mit Hunden zu lauschen. Die Praxis kam in diesen Tagen auch nicht zu kurz, denn in der Familie meiner Freundin lebte seit kurzen ein Welpe, eine noch kleine Hundedame, die in die Familienregeln und den familiären Tagesablauf eingeführt werden musste.
Welpenerziehung ist anstrengend, wird aber auch mit Kuscheleinheiten belohnt. Zumindest mein Herz hat die junge Hündin sehr schnell erobert, so dass mir das mit dem „klare Konsequenzen ziehen“, nicht immer sooo leicht fiel. Doch im Großen und Ganzen wurde mir ein gutes Einfühlungsvermögen in die Fellnase zurück gemeldet, was mich schon ein bisschen stolz machte und in mir mehr Zutrauen in die Aufgaben einer Pflegestelle wachsen lies.
Die letzten Zweifel vertrieb eine Schnupperstunde beim Welpenkurs in der Hundeschule. Dort lernte ich die unterschiedlichsten Fellnasen und ihre Eigenarten kennen. Die Kursleiterin ging auf jeden einzelnen Hund mit dessen Besitzer ein und gab geduldig Tipps, wie ein Verhalten gefördert oder unterbunden werden konnte. Und das alles ohne erhobenen Zeigefinger und irgendwie total menschlich und einfühlsam. Ich konnte mir nun vorstellen, bei Schwierigkeiten mit einem Pflegehund einen Hundetrainer aufzusuchen und dann sogar Spaß am Training zu haben. Beste Voraussetzungen, sagte meine Freundin. Am Ende meiner Zeit im OFF war ich mir sicher, die Herausforderung „Pflegehund“ anzunehmen und kontaktierte sogleich meinen Vermieter, um mir das OKAY für die Hundehaltung in der Wohnung zu holen.
Erster Kontakt mit der Tierhilfe
Nach dem 1 Woche später das Einverständnis (gefühlte Ewigkeit) meines Vermieters bei mir eintrudelte, setzte ich mich an den Computer, um eine Art Bewerbung als Pflegefamilie an die Tierhilfe zu verfassen. Telefonisch traute ich mich nicht, da ich dazu neige am Telefon oft bei Nachfragen zu blockieren (Meine Monster im Kopf machen mir beim Telefonieren das Leben schwer und ich rede lieber von Angesicht zu Angesicht, da ich mein Gegenüber besser einschätzen kann.) In der Mail an die Tierhilfe schrieb ich wahrheitsgemäß von meiner wenigen Hundeerfahrung, meiner Bereitschaft dazu zu lernen, meiner kleinen 1-Zimmerwohnung in Waldnähe, meine Outdoor-Aktivitäten und auch von meiner Berentung und Telefonangst. Ich wollte ehrlich sein und keine falschen Erwartungen an meine Leistungsfähigkeit wecken.
Gleich am nächsten Tag meldete sich die Vorsitzende derTierhilfe telefonisch bei mir (auf dem Anrufbeantworter, da ich den ganzen Tag unterwegs war): sie hätte meine sehr tolle Mail erhalten und bat um Rückruf. Anrufen?! Mein Herz raste wie verrückt und die ganze Nacht machte ich mir Gedanken um dieses Telefonat und wie ich es bewerkstelligen könnte. Ihr wisst, wie langsam die Zeit vergehen kann, wenn man auf etwas wartet. Meine Monster im Kopf hatten also seeehr viel Zeit in meinem Kopf Chaos zu veranstalten und mir die wildesten Horrorvorstellungen auf die innere Leinwand zu zaubern – selbst die aktuellen Schlafmedikamente (ich war mitten in der Medikamentenumstellung) brachten sie nicht zum Schweigen. Und mehr wollte ich nicht nehmen, aus Angst am nächsten Tag nicht fit zu sein.
Endlich zeigte sich der neue Tag und bis zur Bürozeit hatte ich mich dann mit Chilibonbons und Coolpacks auf dem Kopf (Skills) soweit unter Kontrolle, dass ich mit zitternden Händen den Rückruf in Angriff nahm. Glücklicherweise machte es mir die Vorsitzende der Tierhilfe sehr leicht. Ich hatte durch meine Mail bereits einen guten Eindruck hinterlassen, ebenso akzeptierte sie meine Angststörung und bot mir deshalb gleich ein persönliches Gespräch bei mir zuhause an, um mich und die Umgebung kennenzulernen und den Pflegevertrag zu unterschreiben. Ich war zu perplex um zu merken, dass mit so einem Hausbesuch die nächste Hürde „fremde Menschen in meiner Wohnung“ auf mich zu kam und stimmte dem Vorschlag zu, dass sich eine Mitarbeiterin bei mir meldet und einen Termin für die sogenannte „Vorkontrolle“, also ist der Mensch für Hundehaltung überhaupt geeignet, vereinbart. Kaum hatte ich dieses Telefonat überstanden und aufgelegt, meldete sich am Telefon diese Mitarbeiterin und wir vereinbarten das Kennenlerngespräch für den nächsten Tag. Durch die ganze Aufregung und die zahlreichen Chilibonbons rebellierte mein Bauch und ich war froh, dass ich noch kein Frühstück runtergebracht habe. Der Magen blieb auch den ganzen restlichen Tag leer, da mich die ganze Aufregung überhaupt nicht ans Essen denken lies.
Am nächsten Vormittag kam also eine junge Mitarbeiterin der Tierhilfe in meine 4 Wände und auch sie nahm mir ganz schnell die Angst vor diesem Kontrollbesuch. Im lockeren Plauderton konnten wir beide unsere Fragen loswerden und die Zeit verflog wahnsinnig schnell. Am Schluss wurden die notwendigen Formalitäten, wie Versicherungsschutz, Umgang mit Krankheiten, Unfällen und sonstigen Problemen erledigt und ich unterzeichnete den Pflegevertrag. Ab diesem Moment gehörte ich zu den Pflegefamilien der Tierhilfe und wartete gespannt auf meinen ersten Pflegehund.
FUNNY
4 Wochen hörte ich nichts mehr von der Tierhilfe und irgendwie schwand ein bisschen die Hoffnung auf einen Pflegehund. Doch die Sehnsucht nach einer Fellnase wurde nicht kleiner und jedes Bild von Hund und Frauchen/Herrchen auf Social Media nährte diesen Wunsch weiter. Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus und kontaktierte von selbst die Tierhilfe. Ich bot an auch stundenweise Hundebetreuung oder Gassirunden übernehmen zu können, um so weitere Hundeerfahrungen zu sammeln. Ich war irgendwie davon überzeugt, dass mir aufgrund der kaum vorhandenen Hundeerfahrung nicht zugetraut wird einen Pflegehund zu übernehmen. Ich wolllte mich wieder ins Gespräch bringen und als Neuling nicht in Vergessenheit zu geraten. Zeit hatte ich ja schließlich.
Kurz darauf erhielt ich von der Vorsitzenden eine SMS (ja sowas gibts noch 😛) , in der sie sich für mein Angebot bedankt und sie sich deshalb zeitnah melden wird. Zeitnah? Was um himmelswillen bedeutet nun wieder zeitnah?? Meine Monster im Kopf liefen bei dem schwammigen Begriff fast wieder Amok und so verbrachte ich wieder (zu) viel Zeit im Internet, um diesen Zeitbegriff und seine Bedeutung zu googlen, Doch die Synonyme „bald“ und „in naher Zukunft“ reichten für eine Definition eines genauen Zeitraums nicht aus. „Nächste Woche“ oder „in den nächsten Tagen“ hätten bei mir für mehr Klarheit gesorgt.
Ein paar Tage später war`s dann endlich soweit! In das aktuelle Chaos von defekten Router und daraus resultierendem fehlenden Telefon und Internet, platzte die Nachricht über einen möglichen Pflegehund. Dieser Hund wäre zwar kein Anfängerhund, doch ich sollte ihn mir mal anschauen und näher kennenlernen, in dem ich am Wochenende viel Zeit mit ihm verbringe und die jetzigen Besitzer mir alles über den Hund nahebringen, was sie wissen. Bei mir würde sich jetzt gleich die Hundetrainerin melden, um mit mir und der jetzigen Besitzerin einen Termin zum Kennenlernen auszumachen. Zum Angst vorm Telefonieren blieb keine Zeit, denn innerhalb von Minuten meldete sich die Hundetrainerin und wir vereinbarten eine Termin am nächsten Tag. Und soviel Zeit ich die letzten Tage hatte, kam an diesem Tag alles zusammen, denn auch der Techniker für meinen defekten Internetanschluss hatte sich für diesen Tag angekündigt und auch ist Donnerstag mein Therapietag. Doch das alles fiel mir erst nach dem Telefonat ein – meine Monster haben mich nicht nur die Angst vergessen lassen, sondern auch sämtliche Termine, die anstanden. Danke. Absagen wollte ich den Hundetermin nicht, nach dem ich so lange drauf gewartet habe und so versuchte ich die anderen anstehenden Aufgaben Lösungen zu finden. Der Therapietermin lies sich glücklicherweise verlegen und um den Techniker wollte sich meine Mutter kümmern. Doch Sonja wäre nicht die mit den Monstern im Kopf, wenn der Plan mal wie vorgesehen funktioniert.
Erste Begegnung mit Funny
Meine Therapiestunde konnte ich auf 8:00 Uhr früh legen und wollte danach für den Techniker Platz schaffen, damit dieser ungestört arbeiten kann. Leider habe ich die Rechnung ohne den Techniker gemacht: statt wie bei vielen erst zu spät oder gar nicht zu erscheinen, wollte „meiner“ unbedingt früher kommen und klingelte mich schon während der Therapiestunde (mit unterdrückter Rufnummer) an. Das sorgt bei mir schon mal dafür, dass die Monster im Kopf aus ihrer Kiste hüpfen und Chaos veranstalten. Ich bin nicht hin, da ich ja erstens Therapie hatte und zweitens die Angst vor dem Unbekannten in dem Moment für mich zu groß war. Kaum war ich zuhause und ich wollte mir gerade eine Breze in den Mund schieben, klingelte das Handy erneut. Meine Monster im Kopf blieben diesmal in der Kiste und der Techniker kündigte mir an, dass er gleich vor meiner Haustür steht und fragte mich, ob mir das für mich okay ist. Wie ferngesteuert stimmte ich zu und wollte noch die Telefondose von meinem Schuhregal befreien, da klingelte er schon an der Tür. Die Diagnose stand schnell fest: mein Router ist defekt, die Leitung in Ordnung. Sonja geschafft und platt.
Glücklicherweise kam meine Mutter trotzdem zu mir, auch wenn sie wegen dem Techniker (der war ja schon da) nicht mehr aushelfen musste. Und wie es der Zufall will, hatte sie noch einen alten funktionierenden Router zuhause, den ich mir bis zu meinem neuen ausleihen konnte. Dieser hatte zwar nicht alle meine benötigten Funktionen, doch zum Surfen im Internet und Telefonieren reichte er vollkommen aus . Ich war also nicht mehr total im OFF.
Bis zum ersten Kennenlerntermin von Funny kämpfte ich also mit der Einrichtung des Routers während der Regen draußen die Straßen prasselte. Meine Aufregung stieg und es fiel mir immer schwerer meine Monster im Kopf unter Kontrolle zu halten. Wie würde Funny auf mich reagieren, wie die jetzigen Besitzer? Welchen Eindruck hat die Hundetrainerin als Profi von mir? Alles Fragen, die meine Monster wie Gewehrsalven durch meinen Kopf schießen ließen. Mehr verzweifelt als bestimmt, erwiderte ich: „ich bin so wie ich bin. Und wenn´s nicht passt, passt es halt nicht. Du kannst nicht verlieren, Sonja!“
Am Treffpunkt angekommen waren meine Nerven kurz vorm reißen gespannt und ich wartete im strömenden Regen auf Funny und ihre Begleiterinnen. Den ersten Eindruck von Funny bekam ich, bevor nur ein Wort zwischen de Besitzerin, ihrer Mutter und mir gewechselt werden konnte. Ein hüpfender und lautstark bellender Hund zerrte an der Leine und lies sich überhaupt nicht beruhigen. Als die Hundetrainerin dazu kam und das Gelände des Hundetrainingsplatz für uns öffnete, stürmte die Fellnase in einem mega Tempo über das Gelände. Das Bellen wurde zwar etwas leiser, aber nicht weniger. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde versuchte ich Kontakt zu Funny aufzunehmen und die Trainerin steckte mir dazu ein paar Hundeleckerli zu, mit denen ich schnell die Aufmerksamkeit von Funny erhielt. Die Kommunikation mit Tieren ist irgendwie leichter und ehrlicher als mit Menschen. 😁
Funny ist sehr stürmisch unterwegs und man sah ihr direkt an, dass sie Spass am Spielen, Toben und Rennen hat. Ein richtiges Energiebündel, das nicht ausgelastet war oder einen Energy Drink erwischt hatte. Ich mochte sie irgendwie sofort, auch wenn sie ihren Bremsweg nicht richtig einschätzen konnte und mich in vollem Karacho um ein Leckerli erleichtern wollte. Auch die spitzen Zähnchen verfehlten manchmal das Stück Wurst und landeten in meinem Arm. Niemals böswillig,, aber vor lauter Übermut und zu viel Energie.
Während ich Funny leicht verstand, tat ich mich mit ihren felllosen Begleitung schon schwerer. Diese setzten mich unbewusst ziemlich unter Druck bzw. ich lud mir Verantwortung auf, die nicht für mich bestimmt war. Denn während die Vorsitzende der Tierhilfe von einem ersten Kennenlernen sprach, gingen die Hundetrainerin und die beiden Frauchen von einer schnellen Übernahme in eine Pflegestelle aus. Wir vereinbarten dann, dass ich Funny übers Wochenende bei gemeinsamen Gassirunden kennenlerne und Frauchen mir dabei alles erzählt was ich wissen muss. Nach dem Treffen stellte ich mir die Frage, wie so eine Übernahme überhaupt abläuft, ob ich nach dem Wochenende entscheiden soll, ob und wie Funny ihr Zuhause wechselt. Und wie ist das mit Futter, Hundebox, Spielzeug, das normalerweise von der Tierhilfe zur Verfügung gestellt wird. Muss ich das jetzt organisieren? Fragen über Fragen flipperten durch meinen Kopf und klauten mir erneut den Nachtschlaf. Also schrieb ich mitten in der Nacht die Vorsitzende mit all meinen Fragen und Gedanken an und sie antwortete mir auch gleich am nächsten Morgen. Die Tierhilfe kümmert sich um alles, ich soll erstmal ganz entspannt Funny kennenlernen und sie auch mal nach den Gassirunden mit zu mir nehmen.
Mit Funny unterwegs
Die ersten 3 Tage begleitete ich Funny und ihre Frauchen (abwechselnd Mutter und Tochter) 2 – 3x pro Tag auf den Gassirunden und konnte so alle 3 nach und nach kennenlernen. Ich wurde immer mehr zum Seelsorger der beiden, da die Betreuung von Funny so wie sie war nie geplant war. Mir wurde klar, dass die beiden mit Funny aufgrund der Lebenssituation überfordert waren und ich konnte die Entscheidung Funny abzugeben nachvollziehen. Ich hoffe, ihr habt Verständnis, dass ich auf diese Umstände hier im Blog nicht näher eingehen werde (zu privat). Die beiden litten unter der aktuellen Situation und auch Funny zeigte Verhaltensweisen, die als störend empfunden wurden (viel und laut bellen, nicht alleine bleiben können, nicht mehr abrufbar sein…). Einiges könnte sicher mit längeren Spaziergängen und Beschäftigung gemindert werden, doch dafür fehlt der Familie leider die Zeit.
Langsam zerrten diese gemeinsamen Hundespaziergänge an meinen Kräften, denn diese Gassitouren fanden sehr unregelmäßig statt. Ich war also ständig auf Abruf, um dann für eine halbe bis ganze Stunde auf die andere Seite der Stadt zu fahren. Dies brachte meinen Tagesrhythmus ganz schön durcheinander und wer meinen Blog schon länger liest, weiß wie wichtig mir Struktur ist, um meine Monster im Kopf besser im Griff zu behalten. Und so machte ich den beiden den Vorschlag, dass ich mit Funny alleine raus gehe, sie auslaste und danach hoffentlich entspannter zurück bringe. Ich hoffte dadurch wieder mehr Struktur und Regelmäßigkeit in meinen Alltag zu bringen, doch der Alltag der beiden war von Unregelmäßigen Terminen geprägt und so musste ich erneut auf Abruf bereit stehen.
Ich machte das Funny zu liebe, denn die hatte ich inzwischen richtig in mein Herz geschlossen. Zusammen mit ihr entdeckte ich neue Wege in „meinem Wald“, zeigte ihr wie lange eine Hunderunde mit mir sein kann und erinnerte sie an den ein oder anderen Trick, den sie mal gelernt hatte. Auch zu mir nach Hause durfte sie mit und fühlte sich nach ausgiebiger Schnüffelei richtig wohl, am liebsten lag sie mit mir auf meinem Bett. Ich wünschte mir wirklich, dass sie bei mir einzieht und auch ihr Frauchen konnte sich gut vorstellen, dass Funny bis zur endgültigen Vermittlung bei mir bleibt.
Doch wir haben die Rechnung ohne die Vorsitzende gemacht, die Funny keine weitere Trennungserfahrung zumuten will. Funny soll so lange in der jetzigen Familie bleiben, bis eine endgültige Adoptionsfamilie für sie gefunden ist. Bis dahin soll ich das Frauchen von Funny so gut es geht unterstützen.
Hilfe für Funny
Doch was ist „so gut es geht“?
Funny ist nach meinem Eindruck sehr unsicher, was unbekannte Menschen, Hunde, Situationen, Gegenstände betrifft. und für mich stellt es sich so da, dass Funny vor Angst/Überforderung übermäßg bellt. Ich schätze, dass Funny im Moment jemanden braucht, der ihr Sicherheit bietet und ihr zeigt zu vertrauen. Sie bräuchte also ein festes Rudel und nicht ein noch mehr hin-und herschieben zwischen mehreren Personen. Mir wurde klar, dass die aktuelle Situation Funny nicht gut tut.
Auch ich kam, so wie es in dem Moment lief, an meine persönlichen Grenzen. Wegen der unregelmäßigen Betreuung bin ich ortsgebunden und konnte nicht mehr etwas mit Freunden planen, da ich immer erst abwarte musste, ob Funny an dem Tag bei mir war. Auch den Sport hatte ich unbewusst schon reduziert, da durch die Planungsunsicherheit meine Monster im Kopf aktiver wurden und es bereits sehr viel Kraft erforderte, sie im Zaum zu behalten, so dass irgendwie keine Energie für Sport übrig blieb. Ich war dauermüde und konnte aber gleichzeitig nicht schlafen. Auch das Essen machte wieder Probleme: entweder ich vergass zu Essen oder ich schaufelte unbewusst nur Schoki und Kekse in mich rein, sonst nix. Wo soll da die Energie herkommen?
In der Therapie konnte ich glücklicherweise über diese Probleme sprechen und erkannte, dass meine Monster im Kopf hatten mal wieder die Kontrolle über mich übernommen hatten. Vor lauter Funny retten und seelischen Beistand für beide Frauchen, habe ich mich vergessen – und das sogar zum Nulltarif (alles ehrenamtlich). Gemeinsam mit der Therapeutin überlegte ich mir eine Lösung bei der ich weder Funny, noch mich im Stich lasse, den wie bereits geschrieben, hat Funny bereits einen großen Platz in meinem Herzen eingenommen. Ich stellte für mich fest, dass die momentane Form der ehrenamtlichen Hundebetreuung über meine Grenzen hinaus geht, weil diese Ort – und Zeitgebundheiten für Funny und gleichzeitiger Absprache mit den Frauchen momentan nicht zu mir passt. 2x die Woche für 2 Stunden (feste Tage und Zeiten) kann ich mir aber weiterhin vorstellen und ich glaube, dass ich dies auch schaffen kann.
Das daraus folgende Gespräch mit dem Frauchen von Funny fiel mir nicht leicht, doch es musste sein, wenn ich auf mich mehr Rücksicht nehmen will (Selbstfürsorge). Den Blick und die Tränen in den Augen vom Frauchen werde ich nicht vergessen, sie tat mir leid, weil ich wusste wie sehr sie doch mehr Unterstützung für Funny braucht. Beinahe hätte ich meine Entscheidung rückgängig gemacht, doch dann erinnerte ich mich daran, dass ich ja „nur“ ehrenamtlich tätig bin und sich Frauchen finanziell ja auch einen offiziellen Hundesitter leisten könnte. Oder mit der Tierhilfe eine Übernahme von Funny durchsetzen könnte.
Nein, ich muss wirklich nicht noch die Probleme der Anderen lösen, ich habe selbst genug!
Wie es nun mit Funny und mir weiter geht, weiß ich noch nicht. Doch mehr als die nun vereinbarten Gassirunden schaffe ich wirklich nicht. Und nun muss ich auch noch mit den – nach dem Grenzen setzen – entstandenen Versagens – und Schuldgefühlen klarkommen. Ja, vom Kopf her weiß ich , dass es wichtig und richtig war eine Grenze zu setzen, doch diese unangenehmen Gefühle sind trotzdem da.
Willkommen in meiner Welt der Monster im Kopf (Traumafolgestörungen)
Grenzerfahrungen und wie geht es weiter?
Funny🐕 ist so ein lieber Hund und sie wird hoffentlich bald die für sie richtige Familie mit viel Zeit und Liebe bekommen.
Ich glaube, du hast mit Funny 🐕einen weiteren Step für deine Weiterentwickling und Heilung getan.
Dein Motto“ Step by Step“ enthält alle Tiefen und Höhen bei deinem zukünftigen „Hundesitterdasein“.
Leider hat der er erste Versuch nicht deinen Erwartungen und mal wieder nicht den Versprechungen (z.B.der Tierhilfe) entsprochen.
Dass du dich, mit Keksen und Schoki gestärkt, durchgerungen hast, weiterhin mit Funny 🐕Gassi zu gehen und vor allem DIR ( und den Anderen) Grenzen setzen konntest, zeigt mir, dass DU mit deinen Monstern auf dem richtigen “ Lebens Trail“ bist. 👍👍👍
Ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg 🍀 und dass du hoffentlich bald den richtigen Pflegehund🐕 umsorgen darfst.
Liebe Sonja, ich freue mich für dich, dass du bereit warst, diese Erfahrungen mit dem Pflegehund zu machen. Und noch mehr bewundere ich wie und dass du es geschafft hast, deine Grenzen zu setzen und dabei nicht zurück gerudert bist. Echt stark von dir!!! Ich wünsche dir weiterhin Mut und die Kraft deine Grenzen zu setzen, vor dir selbst und vor anderen. Fühle dich ganz lieb gedrückt, Bettina
Hi Sonja. Ist ja schon sehr berührend , die ganze Geschichte. Und Funny ist süüüss ❤️
Ich finde es auch toll , dass es dir in den etwas chaotischen Ereignissen gelungen ist ,Grenzen zu setzen. Hut ab! 🤗 Hoffe es findet sich eine gute Lösung 😊
Liebe Sonja, das ist wieder mal ein ganz toller ausführlicher Bericht von Dir. Mit emotionalen Schilderungen die einem gut verstehen lassen, warum dich das Ganze auch überfordert hat! Leider merkt man das, geht mir persönlich auch so, oft immer etwas zu spät und dann hat man sich schon aufgeopfert und spürt es dann an Leib und Seele. 😔
Ich finde es mutig und gut, jetzt dazu zu stehen und weiterhin aber nicht klein bei zu geben, sondern klare Vereinbarungen zu treffen ( feste Gassi Gehzeiten usw) und hoffe für dich fest, das es so zukünftig klappt 👍👍🍀
Mir gefällt der Begriff “ LebensTrail“ von Roswitha und wie wir beide wissen, geht es stetig auf und auch mal ab….aber dafür sind auch Freunde da, die einem bei den „downhill“ wieder mit hochziehen. Bis bald