Manchmal kommt es anders als man denkt
Seit heute sind es nur noch 5 Wochen bis ich mit über 34.000 Menschen an der Startlinie des Berliner Halbmarathons stehen werde.
Leider gibt es schon den ersten Ausfall in unserer Laufgemeinschaft. P. hat von ihrem Arzt ein Laufverbot bekommen, um eine hartnäckige Infektion der Nasennebenhöhlen endlich in den Griff zu bekommen. Sie darf also in Berlin nicht an den Start gehen, will uns aber tapfer an der Strecke anfeuern. Tapfer deshalb, weil ich weiß, wie schwer es als Läufer ist zum Zuschauen verdonnert zu werden und nicht selbst mitlaufen zu können. Bei mir sind in solchen Situationen schon die Tränen gelaufen, so groß war der innere Schmerz, als die Läufer an der Startlinie an mir vorbei liefen und ich selbst nicht starten durfte. Aber das können wahrscheinlich nur Läufer verstehen 😉
Auch mein Training für Berlin lief bisher eher suboptimal: erst bremste mich eine Entzündung eines Sehnenansatzes am Becken aus und anschließend besiedelten fiese Bazillen meine Nasennebenhöhlen und Bronchien. Während ich mit der Verletzung mein Training alternativ auf dem Ergometer absolvieren und so meine Kondition erhalten konnte, streikte mein Körper aufgrund von Fieber und Schmerzen durch die Bazillen total – ein Alternativtraining war absolut nicht mehr möglich.
Die ersten Tage meiner Bazilleninvasion fühlte mich echt richtig krank und schlief die meiste Zeit, doch nach und nach kehrten meine Monster mit dem Verschwinden des Fiebers zurück und bombardierten mich mit quälenden Gedanken, von denen ich mich sonst meistens mit Sport abgelenkt habe. Doch dies war aufgrund der Bronchitis nicht möglich und das bedeutete für mich, dass ich die Monster mit anderen Aktivitäten beschäftigen musste. Das Schreiben im Blog war da eine willkommene Alternative für mich: schreiben tut mir gut und reduziert das durch die Monster verursachte Chaos im Kopf. Inzwischen kamen auch die ersten Rückmeldungen von den ersten Bloglesern und die zeigen mir, dass ich mit dem Schreiben auf dem richtigen Weg bin und mit meinen Texten auch Menschen erreiche.
Letzte Woche sind dann die Bazillen endlich(!) soweit ausgezogen, dass ich mit einem ersten (sehr) langsamen Lauf gestartet bin. Auch der Sehnenansatz am Becken ist kaum mehr zu spüren und ich hoffe, dass diese Entzündung mit der Korrektur meiner Einlagen auch nicht mehr auftritt. Ich bin meinem Orthopädiemechaniker mehr als dankbar, dass er sich wieder die Zeit genommen hat, die Ursache für diese Entzündung herauszufinden, nach dem die Behandlungen beim Arzt und Physiotherapie, sowie eine längere Laufpause nicht angeschlagen haben. Mit Hilfe von Kinesiologie und den dazugehörigen Muskeltests korrigierte er meine leichte Beckenfehlstellung und entlastete so die betroffene Sehne vom übermäßigen Zug am Becken. Durch die Fußheberschwäche aufgrund meines Bandscheibenvorfalls kommt es immer mal wieder zu Störungen meiner Körperstatik, die durch das Tragen der angepassten sensomotorischen Einlagen beseitigt werden
(hier geht’s zum Beitrag über sensomotorische Einlagen)
So ein Neustart nach einer längeren Trainingspause ist gar nicht so einfach, vor allen wenn man – so wie ich – Monster im Kopf hat, für die Geduld ein Fremdwort ist. 😛
Doch Geduld und Verständnis für sich selbst sind Grundvoraussetzungen für einen Wiedereinstieg nach einer Sportpause – ohne Rückfälle! Ich möchte natürlich so schnell wie möglich zurück in meine alte Form finden, denn der Halbmarathon in Berlin steht vor der Tür. Leider hat die ungeplante Pause bei mir ihre Spuren hinterlassen und meine letzten Trainingseinheiten zeigen mir deutlich, dass ich bei gleicher Herzfrequenz langsamer geworden bin. Das ist mehr als frustrierend für mich und einige meiner Monster behaupten, dass ich so den Halbmarathon nie schaffen werde und das Trainieren gleich aufgeben kann. Es gibt aber auch die anderen Monsterstimmen, die davon überzeugt sind, dass ich mich nur richtig anstrengen und die Zähne zusammen beißen muss, um an meine vorherige Leistungen anzuknüpfen.
Was meine Monster leider immer wieder vergessen, ist dass weder das eine noch das andere sinnvoll für meine weiteren sportliche Pläne ist. Eine zu schnelle Rückkehr zu den vorherigen Leistungen provoziert Rückfälle: so ist es höchst wahrscheinlich, dass meine Bronchien durch die vermehrte Atmung beim Laufen erneut gereizt werden und die Entzündung zurück kehrt. Auch mein Immunsystem musste die letzten Wochen massiv gegen die fiesen Bazillen ankämpfen und ist noch nicht wieder voll einsatzfähig, so dass jede übermäßige Belastung eine erneute Schwächung bedeutet. Das gleiche gilt für meine Muskeln und Sehnen, die sich erst langsam wieder an das Laufen gewöhnen müssen – ohne eine erneute Verletzung zu riskieren. Um den Start in Berlin jetzt schon komplett abzuschreiben, ist es aber noch zu früh – schließlich habe ich noch 5 Wochen Zeit, meine Kondition sowie meinen Körper aufzubauen. Klar, eine neue Bestzeit ist nun eher unwahrscheinlich, doch eine Teilnahme am Lauf – und ihn auch zu beenden – ist nicht ausgeschlossen, wenn ich es jetzt erstmal langsam angehen lassen
Deshalb ein Memo an mich selbst
– ich werde:
- den Druck, den mir meine Monster im Inneren machen ignorieren und mich nicht mit anderen oder meinen Leistungen letztes Jahr vergleichen.
- auf meinen Körper hören und bei Problemen/Schmerzen pausieren, sowie die vorgegebene Herzfrequenz nicht überschreiten.
- mich in Geduld üben und nur das Training langsam steigern
- mein Ziel anpassen (neu: gesund und mit viel Spaß vor dem Besenwagen ankommen, der alle Läufer einsammelt, die nach 3:15 Stunden noch nicht im Ziel sind)
- auf meine Ernährung achten (ausreichend trinken, genug Vitamine und Mineralien zu mir nehmen)
- mich freuen, dass ich wieder laufen darf 😀
ES GIBT NOCH VIELE LAUFVERANSTALTUNGEN,
ABER NUR EINE GESUNDHEIT
Ich möchte keinen Rückfall riskieren, denn das Laufen und überhaupt der Sport geben mir eine gewisse Struktur, die mir hilft meine Monster in den Griff zu bekommen – gerade weil meine Therapie im Moment wahnsinnig anstrengend ist und meine Monster im Kopf gerade viele „Monsterhorrorfilme“ vor meinem inneren Auge abspielen lassen. Doch dazu gibt es demnächst einen gesonderten Beitrag 😉
Mein Weg zum Berliner Halbmarathon
– hier geht´s zum Teil 1 und Teil 2
Mein Memo an dich:
WIR werden den HM in Berlin gemeinsam geniessen. Wäre doch schade, wenn wir das imposante Sightseeing verpassen bei dem „hohen“ Startgeld.
Ja, genau so machen wir’s… gemeinsam durch’s Brandenburger Tor ins Ziel laufen – vor dem Besenwagen 🏃🏻♀️🏃🏻♀️
Ich bin richtig stolz auf dich, dass du trotz der Monster einen gesunden Plan verfolgst. Das stelle ich mir megaschwer vor. Ich wünsche dir weiterhin gesundes Training!!
Vielen lieben Dank