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Mein Körper zwingt mich zur Pause

… und meine Monster haben wieder leichtes Spiel in meinem Kopf Chaos zu veranstalten.

4 Tage Infusionstherapie wegen
Schwindelattacken

Seit 4 Tagen zwingt mich eine Störung in meinem Gleichgewichtsorgan meine Füße still zu halten und den Schwindel im Kopf mit täglichen Infusionen beim Arzt zu behandeln. Laufen oder sonstiger Sport ist nicht drin, da der Doc absolute Schonung angeordnet hat, wenn ich dieses Gefühl von „zuviel Alkohol plus Windstärke 12 auf hoher See“ wieder loshaben möchte

Ruhe und fehlende Ablenkung rufen dann natürlich meine Monster im Kopf auf den Plan, die sich von ein bisschen Schaukel- und Drehbewegungen im Kopf nicht beeindrucken lassen. Ganz im Gegenteil: sie nutzen den Schwung, um einen Gedankenflipper in Betrieb zu setzen.

Allein die Frage meines Arztes „Hatten Sie Stress in der letzten Zeit?“ brachte mich inzwischen, trotz der ersten spontanen Reaktion vehementer Verneinung meinserseits, zum Grübeln.

Was ist eigentlich Stress? Was stresst mich momentan? Und warum lösen diese Ereignisse ausgerechnet jetzt die Symptome aus?

Mit diesen Fragen will ich mich mit diesen Blogartikel beschäftigen und dann hoffentlich mehr Klarheit haben, wie ich zukünftig verhindern kann, dass mein Körper mich zu den unpassendsten Momenten außer Gefecht setzt (ok, ich gaube, es gibt keine passenden Momente 😛 )

Was ist eigentlich Stress?

Definition Stress
Stress (engl. für ‚Druck, Anspannung‘) bezeichnet zum einen durch spezifische äußere Reize (Stressoren) hervorgerufene psychische und physische Reaktionen bei Lebewesen, die zur Bewältigung besonderer Anforderungen befähigen, und zum anderen die dadurch entstehende körperliche und geistige Belastung.

Beim Menschen versteht man die Beanspruchung (Auswirkung der Belastungen) durch innere und äußere Reize oder Belastungen (objektive, auf den Menschen einwirkende Faktoren sowie deren Größen und Zeiträume). Diese können sowohl künstlich als auch natürlich, sowohl biotisch als auch abiotisch sein, sowohl auf den Körper als auch die Psyche des Menschen einwirken und letztlich als positiv oder negativ empfunden werden oder sich auswirken. Die Bewältigung der Beanspruchung ist von den persönlichen (auch gesundheitlichen) Eigenschaften und kognitiven Fähigkeiten der individuellen Person abhängig, der Umgang mit einer Bedrohung wird auch Coping genannt. Einsetzbare Verhaltensweisen sind z. B. Aggression, Flucht, Verhaltensalternativen, Akzeptanz, Änderung der Bedingung oder Verleugnung der Situation.

positver Stress (Eustress): Stress, der den Organismus zwar beansprucht, sich aber positiv auswirkt. Positive Stressoren erhöhen die Aufmerksamkeit und fördern die maximale Leistungsfähigkeit des Körpers, ohne ihm zu schaden.

negativer Stress (Distress): Stress, der häufig oder dauerhaft auftritt und körperlich und/oder psychisch nicht kompensiert werden kann und deshalb als unangenehm, bedrohlich oder überfordernd gewertet wird. Insbesondere können negative Auswirkungen auftreten, wenn die individuelle Person (auch durch ihre Interpretation der Reize) keine Möglichkeit zur Bewältigung der Situation sieht oder hat.

siehe Wikipedia

Was stresst mich momentan?

Beim gestrigen Termin mit meiner Ergo-/Kunsttherapeutin startete ich einen Versuch, meinen persönlichen Stressoren auf die Spur zu kommen. Das bedeutet, dass diese Dinge bei mir Stress auslösen und nicht, dass diese Ereignisse generell bei jedem Stress verursachen.
Ich berichtete ihr also, welche möglichen Situationen am Tag vor den Schwindelattacken, bei mir innere Anspannung verursachten und dass ich einen weiteren Tag zuvor, einen für mich ruhigen langen Dauerlauf absolvierte, der normalerweise dafür sorgt, die innere Anspannung zu reduzieren.

Stress 1: Zahnarzt

Wenn ich so rückblickend darüber nachdenke, fällt mir als erstes mein Zahnarzttermin ein, den ich einen Tag vor der Schwindelattacke hinter mich bringen musste. Dazu muss ich sagen, dass allein der Gedanke an einen Zahnarzt eine wahnsinnige Panik bei mir auslöst, die soweit geht, dass ich mich Jahrzehnte vor einem Zahnarztbesuch drückte – genauer gesagt über 20 Jahre .

Vor 5 Jahren fasste ich meinen ganzen Mut zusammen: ich schrieb sämtliche Zahnärzte in meiner Umgebung per Mail an, die auf der Homepage mit der Behandlung von Angstpatienten warb und schilderte ihnen meine Angst. Die meisten antworteten, wenn überhaupt, mit der Standardfloskel, dass sie Behandlungen mit Lachgas anbieten und gingen aber nicht weiter auf meine Ängste ein.
Nur von einem(!) Zahnarzt bzw. seiner Praxismitarbeiterin fühlte ich mich ernst genommen, denn mir wurde ein möglicher Ablauf vorgeschlagen, der es mir ermöglichte, den Zahnarzt zuerst kennenzulernen ohne auf den Stuhl zu müssen und mir die Wahl gelassen wurde, wie weit ich beim ersten Termin gehen möchte, also ob ich überhaupt den Mund für einen allerersten Check öffnen möchte.

Gott sei dank habe ich gute Zähne und so bleibt es bei den jährlichen Kontrollterminen. Doch obwohl der Zahnarzt sehr, wirklich sehr, einfühlsam ist, jeden Schritt erklärt und auf meine Ängste Rücksicht nimmt, schaffe ich es nicht die Termine ohne Beruhigungsmittel und ohne Begleitung wahrzunehmen. Diese Begleitung ist notwendig, da ich trotz der bisher positiven Erfahrungen bei diesem Arzt, immer noch zum dissoziieren neige und mich dann nicht mehr äußeren kann. Meine Begleitung übernimmt dann für mich die Kommunikation, wofür ich ihr auch sehr dankbar bin.

Stress 2: Verwandtenbesuch

Der Zahnarztbesuch dauerte nur eine halbe Stunde und so verließen meine Mutter und ich die Zahnarztpraxis am frühen Vormittag. Nach einem gemeinsamen Frühstück (vorher habe ich nichts runter gebracht und das Frühstück im Café gabs danach als Belohnung) warfen wir unseren ursprünglichen Plan einer gemeinsamen Laufeinheit aufgrund der Nachwehen der vorherigen Trainingseinheit über den Haufen und beschlossen den sonnigen Tag für einen Verwandschaftbesuch zu nutzen. Ebenfalls wartete schon seit längerer Zeit die Grabstätte auf dem Friedhof in Schwäbisch Hall auf die Entfernung der Winterdeko und den Start in die Frühlingssaison.

Bei den Verwandten aktivierte ich wie selbstverständlich und automatisch (ich kann es leider nicht immer bewusst steuern) meinen Selbstschutz, d.h. ein innerer Anteil, der sich für den Alltag zuständig fühlt, übernahm die Kommunikation mit den Menschen in der Umgebung und schützte mich so vor tiefergehenden Fragen zu meinem Befinden. Dieser Anteil lässt andere glauben, dass ich meine psychischen Erkrankungen (und manchmal auch andere = Klugscheissermodus) im Griff habe.

Während ich mit allen Anwesenden mich über die unterschiedlichsten Themen (auch über ernste Ereignisse) austauschte, ließ ich mir die unterschiedlichen Rhabarberkuchen und Kaffee schmecken – die waren einfach so lecker, so dass ich mir mehrere Stückchen gönnte. Bei den Gesprächsinhalten nahm ich jetzt bewusst keine Trigger wahr, die bei mir solchen Stress auslösten, dass sie diesen Schwindel erklären können.

Stress 3: Therapieabbruch

Mein Therapieabbruch ist zwar schon fast ein halbes Jahr her, doch meine Monster im Kopf halten dieses Erlebnis weiterhin sehr lebendig (siehe hier). Auf Anregung meiner Kunsttherapeutin versuche ich die Projektionen auf meiner inneren Leinwand gestalterisch zu bearbeiten, in dem ich dazu kleine Comics zeichne oder Clips mit Hilfe einer App kreiere. Dabei muss ich aufpassen, nicht zu tief in die Negativspirale zu rutschen und eher abstrakt mit Hilfe von Strichmännchen mich dem Thema nähere.

erste Versuche von Strichmännchen Clips

Das Ausprobieren der verschiedenen Apps sorgte bei mir für so viel Spaß und Ablenkung, dass meine Monster keine Chance hatte irgendwelche schrecklichen Bilder in meinem Kopf zu produzieren. Auch die Ergotherapeutin fand Gefallen an diesem Clip und ermunterte mich daran weiter zumachen: „so funktioniert auch Traumatherapie“ merkte sie an. „sich mit einem kontrollierbaren Abstand an die belastenden Szenen trauen“.

Ergebnis meiner Stressanalyse

DEN einzelnen Auslöser meiner Schwindelattacken konnte ich jetzt auch mit Hilfe meiner Ergotherapeutin nicht aus machen, doch die Summe der Stressoren hat wohl dazu beigetragen, dass mein Stresslevel zu weit anstieg und mein Körper sich für eine Pause entschied. Aufgrund meiner Vorerfahrungen und langen Geschichte mit vielen belastenden Erlebnissen, braucht es momentan nicht viel, um mich und meinen Körper zu stressen, d.h. eine gewisses Stresslevel ist bereits vorhanden und sogenannte „Kleinigkeiten“ reichen dann schon, um meinen Körper in Alarmbereitschaft zu setzen – ohne dass mir immer die jeweiligen Trigger voll bewusst sind.

Stressmodell

Deshalb habe ich eine Entscheidung getroffen:

ich gehe das Thema „Traumatherapie“ an

3 Gedanken zu „Mein Körper zwingt mich zur Pause“

  1. Puh, da ist so viel in Deinem Text, worin ich mich wiederfinde. Schwindel (ich habe aktuell einen hohen vertigo-vomex-verschleiß), Zahnärzte (viele schreiben anscheinend „für Angstpatienten“ auf ihre Seiten, weil sie dann besser via Google gefunden werden. Anders kann ich es mir nicht erklären) und die Sache mit dem Stress. Mein Arzt fragt mich auch regelmäßig, ob ich in letzter Zeit viel Stress hatte. Ich sage dann immer: „Nicht mehr als sonst auch.“ Hilft uns dann beiden nicht wirklich weiter, glaube ich. Seit der Therapie nutze ich MindCare. Das ist eine App, die dich regelmäßig fragt, wie es dir geht, wie angespannt du dich gerade fühlst, etc. Man kann sie etwas auf die eigene Situation anpassen. Ich bin unglaublich schlecht darin, nachzuspüren, wie es mir gerade geht. Aber mein Therapeut sieht da wohl schon Fortschritte. 🙂 Und: Ich finde es toll, dass Du Dich an das Thema „Traumatherapie“ wagst. Auch wenn die Therapie sehr anstrengend ist – ich bin gerade sehr froh, einen Therapeuten gefunden zu haben, der sich auskennt, der versteht und der weiß, was er macht. Das gibt mir gerade viel Sicherheit. Ich wünsche Dir, dass Du auch so eine Person findest und jetzt ganz akut wünsche ich Dir gute Besserung und ganz viel Kraft. Liebe Grüße!

    1. Vielen Dank für deine guten Wünsche!
      Die helfen mir gerade sehr, denn ich glaube mit Rückmeldungen wie deinen, kompensiere ich mein Gefühl von „nicht- verstanden- werden“…
      gerade wenn andere Betroffene mir zeigen, dass ich mit meinen Gedanken und Erfahrungen nicht alleine bin.
      Die App werde ich mir mal genauer ansehen – danke für den Tipp! Liebe Grüße zurück 😊

  2. Hi, ich habe gerade deine Gedanken zum Thema Stress gelesen und werde sie erstmal sacken lassen. Melde mich später bei dir, Bettina

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