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Kein Zuckerschlecken – oder warum Therapie so anstrengend ist

Momentan bin ich einfach müde. Vor allem nach den Therapiestunden bei der Ergotherapeutin fühle ich mich erschöpft und meistens falle ich danach total erledigt ins Bett. Diese Müdigkeit hält auch mehrere Tage an, so dass mir auch der Sport schwer fällt. Ehrlich gesagt bin ich nach einem Therapietermin oft müder als nach einem Halbmarathon. Jemand der noch nichts mit Psychotherapie zu tun hatte, fragt sich jetzt sicherlich, was an 50min (reguläre Therapiezeit/-stunde) Reden so anstrengend sein kann.

Und genau darum, soll`s diesmal hier im Blog gehen, denn auch ich selbst wundere mich immer noch, warum diese Zeit bei der Ergotherapeutin mich in letzter Zeit so viel Kraft kostet

Seelische und körperliche Schmerzen

eine kleine (Vor -) Geschichte:

Stell dir vor, du hast, wie so viele Menschen in Deutschland, Rückenschmerzen und denkst du dir erstmal nichts dabei. „Was von allein kommt, geht auch wieder von allein“ sind vielleicht deine ersten Gedanken. Oder du hast schon mal was von Muskelverspannungen gehört und nimmst deshalb erstmal ein warmes Bad zur Entspannung.

Doch am nächsten Tag sind die Schmerzen weiterhin da und deshalb schmeißt du dir eine Schmerztablette ein, da du im Job nicht fehlen willst/kannst. Das geht dann mehrere Tage und du brauchst inzwischen eine höhere Tablettendosis, um die Schmerzen auszuhalten.

Also machst du einen Termin bei deinem Arzt des Vertrauens aus, der dir aber nur den Ratschlag gibt, dich zu schonen und falls es nicht besser wird, nochmals zu kommen. Und es wird nicht besser, also verschreibt er dir stärkere Schmerztabletten und ermahnt dich Ruhe zu halten.

Ausruhen kommt aber momentan für dich nicht in Frage, da es im Job stressig ist, du die Kollegen nicht im Stich lassen willst, deine Kunden/Patienten dich brauchen, deine Kinder/ Eltern betreut werden wollen usw. (such dir was aus 😉). Dein Arbeitskollege erzählt dir gleichzeitig von seinen Rückenschmerzen und dass er kein Weichei ist, der „nur wegen Rückenschmerzen“ zuhause bleibt. Deine Schmerzen bleiben – egal mit wieviel Tabletten du versuchst, den Schmerz zu betäuben und auch wie sehr du dich bemühst, diese Schmerzen zu ignorieren.

Auch dein Arzt des Vertrauens, den du regelmäßig besuchst, kann dir nicht helfen und findet, trotz Röntgen- und MRT-Bilder, außer Muskelverspannung keine Ursache. Salben, Spritzen, Tabletten, Physiotherapie und Krankschreibung lindern nur kurzzeitig. Der Arzt weiß auch nicht mehr weiter und teilt dir mit, dass er dir nicht helfen kann und lässt dich mit den immer noch vorhandenen Schmerzen alleine. Du versuchst dich damit abzufinden, schiebst es aufs Alter oder „ist halt so“ und quälst dich so durch die Tage – bis dir jemand den Tipp gibt, mal jemand anderes darauf gucken zu lassen.

Doch jemand anderen zu finden ist nicht leicht: entweder nimmt ein anderer Arzt keine neuen Patienten oder frühestens in einem Jahr. Die Ärzte mit freien Terminen nehmen sich keine Zeit für dich deine Geschichte und verschreiben dir innerhalb 3 Minuten neue Schmerztabletten, die ganz sicher helfen sollen. Und falls diese nicht helfen, liegt´s an dir – denn bei seinen anderen Patienten wirken diese Tabletten immer!!

Endlich nach einem weiteren Jahr kommst du zu einem Behandler, der sich ausreichend Zeit für dich nimmt, der zuhört, was du alles schon gegen deine Rückenschmerzen unternommen hast . Dieser Mensch möchte auch die bereits angefertigten Röntgen- und MRT-Bilder sehen, doch auch er erkennt auf den Bildern nichts auffälliges. Er glaubt dir aber, dass du Schmerzen hast und ist sich sicher, dass es dafür eine Ursache geben muss. Und er fängt an Ursachenforschung zu betreiben und du wirst den verschiedensten Untersuchungsmethoden unterzogen, die auf den ersten Blick nichts mit deinem Rücken zu tun haben. Es sind auch schmerzhafte Tests nötig, die dir sehr zusetzen. Alles dauert und deine Schmerzen lassen nicht nach.

Doch du hast inzwischen wieder Hoffnung, dass dir geholfen werden kann, weil dieser Arzt sich Zeit nimmt und sein Vorgehen erklärt. Du merkst, er will dir wirklich helfen dauerhaft schmerzfrei zu werden und versorgt dich aber bis dahin mit ausreichend Schmerzmitteln und Schutz vor weiteren Belastungen (Krankschreibung), so dass du diese Zeit bis zum Ergebnis einigermaßen aushalten kannst. Wie ein Detektiv kann er irgendwann alle Befunde zusammen tragen und dir mitteilen, dass die Ursache des Schmerzes gar nichts mit dem Rücken zu tun hatte sondern „nur“ dort spürbar war und somit die Therapie ganz woanders ansetzen muss

(Hier nur zur Vollständigkeit meiner erfundenen Geschichte einige mögliche Ursachen: angeborene oder erworbene Fußfehlstellungen, Nierenprobleme, Entzündungen, Medikamente und noch vieles mehr)

psychische Schmerzen

Jetzt fragst du dich sicher, was diese kleine Vorgeschichte mit mir und meinen Monstern im Kopf zu tun hat.

Auch ich habe Schmerzen, sogenannte seelische oder psychische Schmerzen, die sich durch eine Standardbehandlung bisher nicht lindern lassen. Wie auch bei den vorgestellten Rückenschmerzen wurde bisher nur oberflächliche Ursachenforschung betrieben, wenn überhaupt.

👉 Hinweis: den meisten Menschen kann durch standardisierte Behandlungen geholfen werden, auch oft dauerhaft. und das ist auch gut so. Denn diese Therapien nach Schema F sind gut untersucht, wirksam und somit auch kostengünstig – Kostenträger (meistens die Krankenkasse), Arzt und Patient sind zufrieden.

Doch nun sind nicht alle Menschen gleich und es gibt immer Ausnahmen, denen diese Standardtherapie nicht hilft. Statistiker nennen das dann „eine Wirksamkeit von xx %“ und meinen damit, dass diese Behandlung dem größten Teil der betroffenen Patienten hilft.

Doch was ist mit den restlichen Prozent?
Diese Patienten müssen sich in der heutigen Zeit oft selbst um die passende Hilfe kümmern teilweise auch darum kämpfen (Anträge, Widersprüche bis hin zu Klage einreichen).

Es gibt nur wenig/ zu wenig Spezialisten, die sich um Langzeit (chronisch) erkrankte Menschen kümmern, denen mit Schema F nicht geholfen werden kann. Es kostet einfach Zeit und Geld genaue Diagnostik, also Ursachenforschung zu betreiben und die Therapie individuell anzupassen – oft sogar mehr, als nachher von den Kostenträgern erstattet wird. Und so wird oft von Patienten und ihren Angehörigen viel Kreativität, Ausdauer und eigene Recherchen verlangt, um die passende (und nicht zusätzlich schadende) Therapie zu finden, um ein bisschen mehr Lebensqualität (z.B. weniger Schmerzen, mehr Schlaf, Teilhabe am sozialen Leben) zu erreichen.

Bei psychischen Erkrankungen gestaltet es aufgrund des Kostendrucks und der Stigmatisierung oft noch schwieriger einen passenden Therapieplatz zu erhalten. Denn sich Hilfe für die Psyche/Seele zu suchen, ist für viele noch mit großer Scham behaftet und auch in zahlreichen Köpfen der Öffentlichkeit leider immer noch mit „schwach sein“ verbunden.

Dabei braucht es für eine Psychotherapie viel Mut – Mut, um sich mit sich selbst auseinander zu setzen. Denn wer mit sich selbst gut klar kommt und keine Probleme mit/in seinem Umfeld hat, wird nie auf die Idee kommen, sich um einen Therapieplatz zu bemühen. Therapie findet auf freiwilliger Basis statt und kann nicht erzwungen werden (Ausnahme: jemand wird von einem Richter vor die Wahl gestellt: Therapie oder Knast).

Die meisten Therapieplatzsuchenden stehen vor einem persönlichen Problem, dass sie allein – trotz unterschiedlicher Versuche z.B. Selbsttherapie, Hilfe durch Angehörige und Freunde – nicht lösen können und unter dem Problem leiden (sogenannter Leidensdruck).

Ursachenforschung

Wer mir und meinen Blogartikeln schon länger folgt, kennt bereits einige meiner Therapieerfahrungen und die Folgen. . Wie bei der Geschichte mit den Rückenschmerzen versuchten die Ärzte und Therapeuten die sichtbaren Symptome zu behandeln und konzentrierten sich dabei auf meine gedrückte Stimmung (Depression), meine Ängste (Angststörungen) und später auch auf mein niedriges Gewicht (Magersucht). Sie therapierten mich also mit den Standardverfahren die bei diesen Erkrankungen vorgesehen sind (bei den Rückenschmerzen wären das die Schmerzmittel, Ruhe und evtl. je nach Arzt leichte Bewegung).

Woher meine Probleme kamen, interessierte erst niemanden – mich ehrlich gesagt anfangs auch nicht 😜. Ich wollte wieder normal sein (was auch immer dieses „normal“ ist) und war deshalb bereit alle Therapievorschläge der Behandler umzusetzen und für mich auszuprobieren.

Irgendwann war das Programm zu ende und ich hätte laut Plan wieder „normal“ sein müssen. War ich aber nicht und so legte man mir nahe, dass ich weiter üben soll und Geduld brauche. Doch wie lange, konnte mir keiner sagen. Ich fühlte mich schlecht, übte aber weiter – doch es wurde nicht besser, sondern neue Symptome kamen dazu. Was hatte ich falsch gemacht?

Jetzt Jahre später wurde mir klar, dass es nicht an mir lag, sondern die bisherigen Behandler sich nicht genau genug die Symptome und die möglichen Ursachen anschauten. Wie bei der Geschichte mit den Rückenschmerzen: der Rücken schmerzte und es waren auch Verspannungen vorhanden, doch da die Ärzte nur auf den Rücken mit seinen ganzen Strukturen schauten, wurde die eigentliche Ursache, die außerhalb des Rückens lag, übersehen.

Bei mir zeigten sich hauptsächlich Depressionen und Ängste, die als Ursache meiner seelischen Schmerzen galten, doch erst nach dem Abbruch der Therapie bei der ehemaligen Therapeutin (wer´s nicht kennt, kann z.B. hier und hier nachlesen) wird jetzt mal hinter meine Depressionen und Ängste geguckt, also nach den Auslösern dieser beiden Krankheiten. Und da bei der Psyche (noch?) keine MRT-Aufnahmen möglich sind, die Schicht für Schicht den Aufbau und die Struktur meiner Seele darstellen, findet die Ursachenforschung also zum größten Teil im Dialog statt.

Wahrnehmungen und Erinnerungen

Jetzt hat Ursachenforschung bei mir nicht nur was mit „Wühlen in der Vergangenheit“ zu tun, wie viele Menschen glauben, sondern es geht momentan bei mir eher darum zusammen mit der Ergotherapeutin herauszufinden was mich konkret triggert und vor allem darum, wie ich mich nach Kontakt mit einem Trigger wieder selbst stabilisiere, d.h. was ich für mich tun kann, um nach einem „Aussetzer“ wieder handlungsfähig zu werden.

Um diesen Triggern auf die Spur zu kommen, spreche ich mit meiner Ergotherapeutin über das was mich momentan beschäftigt: das können aktuelle Situationen sein, wo ich an meine Grenzen gekommen bin. Es kann Literatur und Texte sein, zu denen ich Fragen habe oder ein zwischenmenschliches Problem, bei dem ich allein nicht weiterkomme.

Und in den letzten Stunden tauchte im Gespräch immer eine Situation zwischen uns auf, die bei mir für psychische Schmerzen sorgte. Keine Ahnung wie sie es macht, aber es dauert nie lange und das Wasser schießt mir in die Augen. 🤷‍♂️

Das ist für sie ein Punkt, ein Zeichen um genauer hinzuschauen. Ich würde mich am liebsten verkriechen und hasse mich teilweise sogar für meine Heulerei. Doch damit ich diese für mich schrecklichen Zustände besser in den Griff bekomme, muss ich mir den Auslöser (Trigger) genauer anschauen.

eigene Gestaltung zum Thema
psychische Schmerzen 2018

Und das ist nicht leicht, vor allem wenn meine Monster im Kopf dabei regelmäßig (Lebens-)Gefahr wittern (vgl. hier) und diese abwehren wollen. Je nach Situation fange ich an mich zu verteidigen/zu rechtfertigen (Kampfmodus), vom Thema abzulenken (Fluchtmodus) und bin weg/dissoziiere (Totstellreflex). Zusammen versuchen wir uns, nachdem ich mich wieder einigermaßen beruhigen konnte, dann so dem Thema anzunähern, dass ich nicht in den Kampf-/Fluchtmodus oder Totstellreflex reinrutsche.

Das ist eine Gradwanderung und dieses hin und her, kann auch schon mal mehrere Therapiestunden dauern. Das bedeutet im Gespräch mit meiner Ergotherapeutin gerate ich in einen getriggerten Zustand und es dauert die ganze restliche Stunde bis ich wieder soweit stabil bin, dass ich den Heimweg antreten kann. Diese emotionale Achterbahn kostet sehr viel Kraft, doch jedes Mal nehme ich wieder ein Stück Klarheit und neue Erkenntnisse (i. S. von Ursachenforschung und Traumasplitter) über mich mit.

Um sich einem für mich schwierigen Thema anzunähern, geht es oft darum meine Wahrnehmung zu überprüfen.

Wahrnehmung im engeren biologischen Sinn ist der Prozess der Aufnahme und Verarbeitung von sensorischen Informationen bzw. Reizen durch die Sinnesorgane. Im erweiterten, physiologischen Sinn umfasst der Begriff Wahrnehmung zusätzlich die Prozessierung und Interpretation von Sinnesreizen. Gemäß dieser Definition sind Sinnesreize nur dann echte Wahrnehmungen, wenn sie kognitiv verarbeitet werden. Hier überschneidet sich der Wahrnehmungsbegriff mit dem Konstrukt des Gefühls.

Quelle und mehr Infos: DocCheck Flexicon

Gerade beim Thema Schuld und Schulgefühle neige ich dazu mich zu fragen, ob ich was falsch gemacht habe und es an mir liegt, wenn etwas nicht funktioniert. Vielleicht ist es euch in meinen Texten hier im Blog bereits auch aufgefallen. 🙈

Bei der Wahrnehmung geht es ja in der Regel NICHT um richtig oder falsch, sondern sich darauf zu konzentrieren, was ich in diesem Moment rieche, spüre, höre, sage, schmecke – also mit meinen vorhandenen Sinne registriere. Doch wie ich diese Informationen interpretiere, also mit Ihnen umgehe, hängt sehr stark von meinem Wissen (Verstand) und meinen (Vor-)Erfahrungen ab -und die sind ja bei jedem Menschen sehr individuell.

Verstand kommt ja auch vom Wort verstehen und genau um dieses Verstehen von Zusammenhängen (auch im Sinne von Ursachenforschung) geht es momentan in meinen Therapiestunden. Es ist sehr anstrengend eine, für mich belastende, Situation aus unterschiedlichen Blickwinkeln anzuschauen ohne das die Amygdala anfängt zu feuern. So ein Blickwinkel kann auch mal eine Erinnerung an eine ähnliche Situation in der Vergangenheit beinhalten. Das hat dann aber nichts mit „Wühlen in der Vergangenheit“ zu tun, sondern eher damit, mehr Verständnis für sich beim aktuellen Problem und seinen Auswirkungen zu erreichen. (bei mir z.B. die Verringerung von Schuldgefühlen). Klappt momentan nicht so wirklich, weil ich mich danach oft schuldig fühle, weil ich entweder das nicht selbst erkannt habe oder es nicht gleich so gesehen habe. Ich hänge da noch irgendwie in so einem Teufelskreis fest.

Dieses System habe ich ja schon mal beim Thema Trigger versucht zu erklären und nun geht´s aber darum nicht reflexhaft über die Amygdala (Alarmsystem) auf Trigger zu reagieren, sondern das Gedächtnis und den sogenannten „Verstand“ mit einzubeziehen.

Der Verstand ist das Vermögen, Begriffe logisch wahrnehmen zu können. Ihm gegenüber stehen Gefühle.

Quelle und mehr Infos: 3Sat

Hier mal ein paar Beispiele, wie so eine Überprüfung der Wahrnehmung in alltäglichen einfachen Situationen mit Hilfe des Verstands aussehen kann

  • ich spüre einen beschleunigten Herzschlag und auch beim Pulsmessen bestätigt sich eine erhöhte Herzfrequenz. Diese erhöhte Puls kann je nach aktueller Situation nun mehrere Ursachen haben: ich habe gerade Sport gemacht, mir steht gerade ein Vorstellungsgespräch bevor, ich sitze einem Menschen gegenüber, in den ich verliebt bin bzw. vor dem Angst habe oder liege mit Fieber im Bett. Die Aufzählung ist natürlich unvollständig, doch ich glaub ihr versteht vorauf ich heraus will: meine Wahrnehmung ist richtig, doch erst nach Prüfung der Umstände kann ich Schlüsse daraus ziehen, was der erhöhte Puls bedeutet, ob Gefahr droht oder nicht, oder ob weitere Prüfungen (Diagnostik) angebracht sind.
  • Ich stelle auf WhatsApp eine Frage und warte auf Antworten, die aber nicht kommen (Wahrnehmung). Auch hier gibt`s mehrere Gründe: der Andere hatte noch keine Zeit zum Antworten, keine Lust, Technikprobleme, das Motto des Anderen lautet „keine Antwort ist auch eine Antwort“, der Andere ist krank, unterwegs usw. Es gibt also viele Gründe warum ich gerade keine Antwort bekomme und es muss nicht immer an mir liegen (z.B. ich nerve den anderen mit meiner Frage, meine Frage ist blöd, der andere will nicht mehr mit mir reden….)
  • Ich sehe einen Menschen mit Adipositas („Übergewicht“) und bei vielen Menschen kommen leider sofort diskriminierende Gedanken, wie z.B. fett, faul, hässlich, undiszipliniert, ekelhaft. Doch außer dass dieser Mensch mehr Gewicht auf den Rippen hat als der Durchschnittsmensch, weiß man gar nichts. Vielleicht muss dieser Mensch Medikamente nehmen, die zu Wassereinlagerungen führen (z.B. Kortison, Antidepressiva) Oder dieser Mensch hat eine Krankheit, die zu mehr Gewicht führt (z.B. Lipödem) und durch Ernährung oder Sport kaum beeinflussbar ist. Oder dieser Mensch hat sein Gewicht schon um einige Kilos reduziert, doch seine Ernährungsumstellung dauert noch an.

Beim Beispiel mit den Rückenschmerzen entspricht dieses Vorgehen der Diagnostik mit Einbeziehung der sogenannten Differenzialdiagnostik .

Worte finden

Die Überwindung der Sprachblockade bei schwierigen Themen ist für mich auch jedes Mal ein Kraftakt. Im Beitrag über die Kunsttherapie schrieb ich ja schon mal über die fehlende Worte, die dazu beitrugen, dass Fortschritte ausblieben. Inzwischen weiß ich, dass durch Traumafolgestörungen das Sprachzentrum beeinträchtigt sein kann. Der allseits bekannte Spruch „da hat es mir die Sprache verschlagen“ zeigt bereits den Zusammenhang zwischen Ereignis und Sprache, d.h. dieses Wissen ist schon lange bekannt.

Auch hier ist es wieder eine Balanceakt sich einem Thema anzunähern ohne das meine Monster – Security mir ein Redeverbot erteilt. Auch solange nicht alle Monster im Kopf mit den Worten, die gesagt werden sollen, einverstanden sind, wacht die Monster-Security über mein Sprachzentrum.

Das kann man sich wie bei einer Teambesprechung vorstellen, bei der anschließend der Sprecher die gesammelten Ergebnisse dem anderen Team vorstellen soll.. Es gibt Themen da sind sich alle relativ schnell einig und andere, da gibt es langwierige Diskussionen, wer nun Recht hat. Wer kennt´s?

Ich „höre dann Stimmen“ im Sinne von lauten Gedanken im Kopf wie z.B.: „das darfst du so nicht sagen“, „ob das wirklich so war?“, du kannst doch nicht andere beschuldigen“ , „Wenn du das sagst, schadest du dir nur selbst“

Das Ziel im Gespräch mit meiner Ergotherapeutin ist dann den einzelnen Monstern nacheinander zuzuhören, doch da hat sie leider die Rechnung ohne meine Monster im Kopf gemacht. Die Security ist davon noch nicht überzeugt, sperrt das Sprachzentrum und ich sitze nach Worten ringend da. Also einen Schritt zurück, Druck rausnehmen und stabilisieren

Mein Fazit

eigene Gestaltung zum Thema
Therapie ist kein Zuckerschlecken 2021

Eigentlich wollte ich ja Euch und den Menschen in meinem näheren Umfeld erklären, dass Therapie mehr als nur ein lockeres Plauderstündchen ist und sich von einem Gespräch im Alltag doch ziemlich unterscheidet.

Doch nun ist es selbst mir klarer geworden, wenn ich alle meine Gedanken nun so schwarz auf weiß vor mir auf dem Bildschirm vor mir sehe. Der Text ist länger geworden als gedacht und zeigt mir nun auch selbst, warum ich die Therapie momentan also soooo anstrengend empfinde und ich kann jetzt auch selbst nachvollziehen, warum ich mich zur Zeit so müde und erschöpft fühle, sowie meine Läuferenergie etwas nachgelassen hat.

Therapie ist kein Zuckerschlecken
und bedeutet jede Menge Arbeit an sich selbst, die Kraft und Mut erfordert.

3 Gedanken zu „Kein Zuckerschlecken – oder warum Therapie so anstrengend ist“

  1. Liebe Sonja, ich wünsche dir weiterhin viel Kraft für deine anstrengende Therapie und bald wieder die Kraft, wieder laufen gehen zu können. Ich finde es an dir so genial, dass du dir in diesem Blog die Antwort auf deine Müdigkeit von der Therapie selbst erklärt hast und gehe nun davon aus, dass deine gestrigen Gedanken bezüglich der „Faulheit gegenüber anderen Aktivitäten“ dir heute kein schlechtes Gewissen mehr machen. Denn: nach einer anstrengenden Sitzung darfst auch du so erschöpft sein, dass du mal etwas länger für die Regeneration benötigst. Ich wünsche dir weiterhin stückweise mehr Klarheit in den Themen, die dich lange so eingeschränkt haben. Bin megastolz auf dich!!! Fühl dich ganz doll gedrückt. Liebe Grüße, Bettina

  2. Das ist ja fast eine ausführliche „Doktorarbeit“ über dich vor und nach einer Therapiestunde geworden.
    Du lässt andere Menschen wieder in dein „Innerstes“ blicken und erfährst während des Schreibens Klarheit über dein Denken, Tun und Wirken nach außen.

    Jedes Wort, jede Zeile und jeder Absatz, sogar jedes Bild dazu, geben mir nun Antwort, warum du dich am Donnerstag und die nächsten Tage so von der „Welt“ zurückziehst.

    Ich hoffe, dass viele Mitleser*innen deinen Text mitfühlend lesen und darüber nachdenken, wie schnell sich bei einem selbst die „Therapie“ ändern kann.

    Ich wünsche dir von ❤ weiterhin hilfreiche Erkenntnisse
    und gönne dir ab und zu auch etwas zum🍦🍪🍫

  3. Bravo, ich stimme roswitharennt absolut zu, es liest sich wie eine Doktorarbeit über das Thema! So detailliert beschrieben und immer mehr nachvollziehbar!!
    Man kann dir nur wünschen das Du die Situationen die dich triggern immer mehr im Griff bekommst und deine Monster endlich mal für immer schweigen 🤐
    Drück dich ganz herzlich 🤗

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